Ein neuer Ort der Begegnung und der kreativen Gemeinschaftserlebnisse in Monheims Altstadt

Die Kunstwerkstatt Turmstraße ist eröffnet

Zufriedene Gesichter vor dem neu eröffneten Schmuckstück in der Altstadt: Niina Valavuo, Programmleiterin der Kunstwerkstatt Turmstraße, Bürgermeister Daniel Zimmermann, Kunstschulleiterin Katharina Braun und die beiden programmatischen Kooperationspartner Josef Spiegel und Sigrun Brunsiek vom Verein Wasserschloss Reelkirchen. Foto(s): Tim Kögler

Für die Eröffnungsreden konnte der angebaute Veranstaltungssaal genutzt werden, der auch dem Restaurant Others für Feiern zur Verfügung steht. Darüber befindet sich eine große Dachterrasse, von der man den Blick weit über Monheims Altstadtdächer schweifen lassen kann.

Auch mit Apfeldrucken lässt sich Kunst gestalten.

Eventzeichner Markus Rockstroh begleitete das Wochenende.

Im Sommer 2021 wurde die Monheimer Altstadt zur Bühne: Der Performer, Tänzer und Choreograf Douglas Bateman tanzte im Rahmen des ersten Kunst-Kicks an drei Terminen die Geschichte der Stadt. Und auch zur Eröffnung tanzte er zur Freude der Gäste durch das neue Haus.

Teamwork und Kommunikation, Erfindungsreichtum und ein ruhiges Händchen sind Künstler, Designer und Kulturpädagoge Garvin Dickhof gefragt. Er nutzt mit Bauklötzen das zeitloseste aller Kinderspielzeuge als vielseitiges künstlerisches Medium – und lädt dabei zum Mitmachen ein.

Christine Limper wohnt im Januar in der Künstlerwohnung im Dachgeschoss der Kunstwerkstatt Turmstraße. Die Flensburgerin lud zum ersten gemeinsamen „Probe? – Rumhängen“ in die Künstlerwohnung ein. Im August und September wird Limper das „Rumhängen“ in ihrem Kunst-Camp fortsetzen.

Das Künstlerduo Scheibe & Güntzel schenkte zur Eröffnung die Biere aus, die sie im Herbst zusammen mit dem experimentellen Bierbrauer Ludger Schwer auf der Dachterrasse der Kunstwerkstatt Turmstraße im Rahmen einer öffentlichen Kunstaktion angesetzt haben. Die Biere wurden auch mit Senf und Dost gebraut; zwei Pflanzen, die Teil Ihres Kunstprojekts waren, das heimische Kulturpflanzen unter die Lupe nahm. Ein Ergebnis: das Senftröpfchen und der Dostlöscher.

„Wir sind total zufrieden. Es war eine absolut würdige Premiere für dieses großartige Haus und wir konnten uns erstmals so richtig zeigen und Lust auf das machen, was die Menschen hier bei uns in nächster Zeit erwartet.“ – Mit diesen Worten fassten Kunstschulleiterin Katharina Braun und Niina Valavuo, Programmleiterin der frisch eröffneten Kunstwerkstatt Turmstraße ihr Premieren-Wochenende zusammen. Der neue Aktionsort der Kunstschule im Herzen der Altstadt ist seit dem 22. und 23. Januar eingeweiht.

„Wir wollten die Idee des Hauses, Kunst für alle erlebbar zu machen, schon an diesem Auftaktwochenende transportieren. Das ist uns nach vielfacher Bestätigung durch unsere Gäste gelungen,“ zeigt sich Niina Valavuo am Ende rundum glücklich. Es wurde gedankenvoll und entschleunigend bei Kunst-Camperin Christiane Limper, bei der die Gäste in der Dachwohnung kunstvoll „rumhängen“ konnten, verspielt bei Garvin Dickkopf, dynamisch und unvermittelt im Zusammenspiel mit Markus Rockstroh sowie rhythmisch und kraftvoll durch Tanzperformer Douglas Bateman. Es war innig, betörend, ja sogar genussvoll bei Scheibe & Güntzel, experimentell und bewegend im Austausch mit Katrin Glanz und Gerlinde Muhr-Birkhahn, dreieckig und sphärisch bei Miriam Kilali sowie strahlend-poetisch dank Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher, die die Kunstwerkstatt mit ihrem spektakulären Lichtkunstprojekt wie schon in den letzten Wochen auch zur Eröffnung in den Abendstunden nochmal wundervoll in Szene setzten.

Eine Bereicherung für das Leben

„Zeitgenössische Kunst hat sich ja so ein bisschen den Ruf erworben, unverständlich oder zumindest schwer zugänglich zu sein,“ gestand Dr. Sigrun Brunsiek vom Verein Wasserschloss Reelkirchen, mit dem die Kunstwerksatt bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Programms kooperiert, bei der Eröffnung am Samstag. „Unser gemeinsames Interesse ist es, hier künftig das Gegenteil zu beweisen. Wir wollen zeigen, dass Kunst keiner elitären Gruppe vorbehalten ist, sondern Zugang für alle bietet.“ Das ganze Projekt Kunstwerkstatt Turmstraße beruhe auf der Grundidee, dass die Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst einen Mehrwert für jeden bereithält. „Unsere Kunstprojekte setzen nicht darauf, dass man erst in ein Museum oder eine Kultureinrichtung gehen muss, sondern unsere Projekte finden überall statt. Man kann ihnen ganz zufällig und damit Kunst ganz niederschwellig im Alltag begegnen.“ Im Mittelpunkt des Interesses steht immer das Verbindende. Brunsiek in Richtung aller Gäste und aller Monheimerinnen und Monheimer: „Wahrscheinlich werden auch Sie sich von den einzelnen Projekten, die die Kunstwerkstatt künftig auf den Weg bringen wird, mal mehr und mal weniger angesprochen fühlen. Zweifel und Skepsis dürfen auch jederzeit zum Ausdruck gebracht werden. Das ist sogar wichtig. Kritik kann hier im Dialog mit den Künstlerinnen und Künstlern auch direkt und nicht irgendwo am Stammtisch geäußert werden. Zweifel und Skepsis sind dabei ebenso willkommen wie positive Resonanz.“ Sie appellierte, das Etikett Kunst einmal völlig außen vor zu lassen und die Kunstwerkstatt als freies Angebot sehen, dass Leben um nicht alltägliche Erfahrungen und kleine Facetten zu bereichern. „Dabei ist Expertentum nicht vonnöten. Neugier und Offenheit reichen völlig aus, um dieser Möglichkeit eine Chance zu geben,“ so Brunsiek. „Dieses Haus ist eine wunderbare Einrichtung.“

Den besonderen Stellenwert des Gebäudes hob auch Bürgermeister Daniel Zimmermann hervor. „Es ist eine tolle Immobilie, die sich nicht immer in dieser Form präsentiert hat. Das Haus steht symbolisch für viele Altstadthäuser, die eine großartige Substanz haben, aber in den letzten Jahrzehnten verbaut wurden.“ Dieser Kunst- und Kulturschatz musste erst wieder für die Monheimer Bürgerschaft und alle Altstadt-Gäste gehoben werden. Zwar gebe es seit vielen Jahren ein Fassaden-Förderprogramm für private Immobilienbesitzer, aber die Stadt stehe eben auch selbst in der Verantwortung, zur Aufwertung der Altstadt beizutragen. Mit dem Ankauf und der Restaurierung der 120 Jahre alten Gründerzeitvilla, sei sie dieser Verantwortung gerecht geworden.

Einer von zwei neuen Kulturorten

Ein ähnliches Comeback soll bald auch die Spielmann-Immobilie mit Rhein-Café und Karnevalskabinett feiern, in der die Stadt den früheren Kinosaal im ersten Stock wiederbeleben und so der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Zimmermann: „Das alles passt zu unseren Bemühungen, in der Altstadt Anlässe zu schaffen, die einen Besuch attraktiv machen. Wir wollen uns als vielfältige Stadt präsentieren und dafür auch kulturelle und künstlerische Akzente setzen, um darüber wieder die attraktive Gastronomie vor Ort zu unterstützen.“ Im künftigen Kinosaal wird es daher auch eine Bühne für Kleinkunst und performative Veranstaltungen geben. Dann verfügt die Altstadt sogar über zwei neue Kulturorte.

„Monheim am Rhein realisiert Kunst für alle“, unterstrich Monheims Stadtoberhaupt und erinnerte in dem Zusammenhang auch an die Diskussionen, die es um den Geysir und die Leda gegeben habe. „Wir haben es in alle möglichen Satiresendungen und dreimal ins Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler für vermeintliche Geldverschwendung geschafft. Kunst ist also immer auch Debatten ausgesetzt. Ich will das gar nicht romantisieren, so nach dem Motto: Es ist doch toll, wenn über Kunst gesprochen wird. Denn die Art und Weise wie in solchen Sendungen gesprochen wird, ist natürlich nicht die, die man sich wünscht, wenn sich Menschen mit Kunst ernsthaft auseinandersetzen.“ Doch der zuweilen beißenden Kritik stehe gerade in der eigenen Stadt schon heute viel Verständnis, Offenheit und Neugier gegenüber. Zimmermann „Bei jedem normalen Ausbruch haben wir heute oft mitten am Tag weit über 100 Menschen rund um den Geysir stehen, die sich lieber selbst ein Bild machen, als bei ‚Mario Barth deckt auf‘ einen kurzen Aufregerimpuls zu holen. Die Menschen überzeugen sich gerne selbst. Und ich werden nie diesen kleinen Jungen vergessen, der bei der Enthüllung der Leda von Professor Markus Lüpertz zu mir sagte: ‚Die Leda ist schön ohne schön zu sein.‘“

Menschen und Meinungen öffnen

Monheim am Rhein engagiert sich stark in der kulturellen Bildung, mit dem Ulla-Hahn Haus, der Musikschule und der Kunstschule, über die vor allem junge Menschen in Kontakt mit Kunst und Kultur gebracht werden. „Mit der Kunstwerkstatt Turmstraße wollen wir jetzt vor allem auch noch mehr Erwachsene dazu gewinnen, sich mit Kunst zu beschäftigen“, nannte Zimmermann ein klares Ziel. „Wir wollen dabei nicht einfach von oben herab dozieren und Dinge durch Experten plump für schön erklären lassen. Wir wollen nicht belehren, sondern wir wollen willkommen heißen, in den Dialog kommen und zum Mitmachen einladen.“ Das ist das Programm und Ziel der Kunstwerkstatt. „Bei diesem Prozess, diesem partizipativen Ansatz, Leute zu begeistern, vielleicht auch die eine oder andere Hürde und Barriere zu überwinden und dabei Verständnis oder sogar Glücksgefühle auszulösen, dabei wünsche ich allen Künstlerinnen und Künstlern und allen Beteiligten viel Erfolg. Nicht uneigennützig, sondern weil ich mir wünsche, das wir tatsächlich eine Stadt mit noch mehr Menschen werden, die nicht nur an der Oberfläche diskutieren, sondern die sich mit den wirklichen Inhalten auseinandersetzen.“ Die Kunstwerkstatt Turmstraße ist der nächste konsequente Schritt dorthin. (ts)

Über die Kunstwerkstatt Turmstraße
Die Kunstwerkstatt ist der neue Aktionsort der Kunstschule der Stadt Monheim am Rhein. Im Herzen der Monheimer Altstadt gelegen ist sie ein offenes Haus für zeitgenössische bildende Kunst – ein Ort der Begegnung, der Kommunikation und des gemeinsamen Schaffens. Ganzjährig bietet die Kunstwerkstatt Turmstraße ein vielfältiges und abwechslungsreiches Programm. Die Angebote sind alle kostenfrei und überwiegend als Mitmach-Aktionen angelegt. Die beiden Eckpfeiler des Programms bilden das Kunst-Camp und der Kunst-Kick. Komplettiert wird es durch die dritte Säule, den Kunst-Plausch.
In dem alten Gebäude aus der Gründerzeit befand sich seit 1993 das Restaurant Lay Thai, in dem Inhaberin Wiparat Bormacher bis zu ihrem Ruhestand thailändische Spezialitäten servierte. 2018 kaufte die Stadtentwicklungsgesellschaft das Gebäude und begann mit der Umgestaltung zu einem offenen Haus für zeitgenössische bildende Kunst. Im September eröffneten Sabine und Lars Ohters ihr Restaurant im Erdgeschoss, im Oktober zogen die Mitarbeiterinnen der Kunstwerkstatt in die oberen beiden Etagen ein.

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